2018 Kriminalität, Strafrecht und Föderalismus
Kantonale Unterschiede, Effizienzbetrachtungen und internationaler Vergleich
Der stark föderalistische Aufbau des schweizerischen Staates führt dazu, dass das Strafrecht, das Strafprozessrecht und die Grundprinzipien des Justizvollzugs nicht nur spät vereinheitlicht wurden, sondern dass der Vollzug der Rechtsnormen weiterhin nahezu ausschliesslich den Kantonen überlassen wird. Eine horizontal-vereinheitlichende, jedoch schwache Rolle spielen in den verschiedenen Kompetenzbereichen von Polizei, Justiz und Justizvollzug die Konkordate.
Daneben funktionieren Dutzende von koordinierenden Arbeitsgruppen, Projektkomitees und Steuerungsgremien, meist im Milizsystem und mit geringen Ressourcen. Die Komplexität des föderalistischen Aufbaus von Polizei, Justiz und Justizvollzug, das Zusammenspiel von Bund und Kantonen unter weitgehendem Ausschluss der Gemeinden, ist vielen Bürgerinnen und Bürgern wenig bekannt. Noch weit weniger bekannt sind die Schnittstellenprobleme, die Kompetenzkonflikte, die vielfältigen Abstimmungsprozesse in der Entscheidfindung, die Kooperationsschwierigkeiten und die Fragen nach der Effizienz dieses Systems.
Der kantonale Vollzugsföderalismus in den Bereichen Polizei, Justiz und Justizvollzug verursacht Probleme, wenn es um die Gewährleistung des Prinzips der Gleichheit vor dem Gesetz geht oder die Begründung kantonal unterschiedlicher Kriminalpolitik. Die Schweizerische Arbeitsgruppe für Kriminologie hat sich vorgenommen, einen Blick auf den internationalen Charakter des Phänomens der Kriminalität und die kantonale Natur der staatlichen Antwort in der Schweiz zu richten. Hinterfragt werden die Kompetenzverteilung in den verschiedenen Handlungsbereichen und die Konfliktpotentiale unter den Akteuren. Schliesslich sollen Reformideen in den Bereichen Polizei, Justiz und Justizvollzug vorgestellt und deren politische Machbarkeit diskutiert werden.
Jörg Arnold, Daniel Fink, Françoise Genillod-Villard, Niklaus Oberholzer